Fehlstellungen bzw. Fehlbelastungen
zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne
können sich auf das Bewegungsverhalten
des gesamten Organismus auswirken.
Dies gilt für Fehlstellungen in vielen Gelenken
des menschlichen Körpers; stellvertretend
seien hier Hüftgelenk sowie nahezu
sämtliche „Gelenke“ der Wirbelsäule
genannt. Dabei initiieren muskuläre
Kompensationsvorgänge (Hypertonus)
einen für das Krankheitsgeschehen maßgeblichen
Circulus vitiosus. Für das Kiefergelenk wird ein ebensolcher biodynamischer
Mechanismus diskutiert, wobei
durch das unbewusste Einnehmen der statischen
Okklusion ein fortwährender Rejustierungsvorgang
abläuft.
Somit kommt dem Registrat und damit
dem Transfer einer physiologischen Kondylenstellung
bei prothetischen Arbeiten
eine eminente Bedeutung zu.
Anamnestische Angaben
der Patientin
Die Patientin suchte unsere Praxis auf,
da sie in großer Sorge war, dass sie nach
dem rasch aufeinanderfolgenden Verlust von fünf Molaren nun noch weitere Zähne verlieren würde. Dabei war die Patientin
gerade 39 Jahre alt und von Beruf Zahntechnikerin!
Sie berichtete, dass sie bis 1997 vor Beginn
einer Inlaysanierung im linken Seitenzahnbereich
völlig beschwerdefrei war.
Vom Zeitpunkt der Inlaysanierung an begann
sie massiv zu knirschen und bekam
eine Knirscherschiene. Im Jahr 1998 wurde
eine Krone an Zahn 36 eingegliedert,
die aber keine Linderung der Beschwerden bewirkte. |
In der Folge wurden Wurzelbehandlungen
an den Zähnen 16 und
15 durchgeführt, weitere Wurzelbehandlungen
an den Zähnen 46 und 47, welche
jedoch nicht zur Reduktion ihrer Schmerzen
geführt hatten, sodass der Behandler
sich zur Extraktion dieser Zähne genötigt
sah. Derselbe Vorgang wiederholte sich an
den Zähnen 36 und 37: Auf Wurzelbehandlungen
folgte innerhalb von Wochenfrist
die Extraktion.
Die Patientin gab an, immer wieder
Fehlkontakte zu empfinden, in diesem
Zeitraum keinen „eindeutigen Biss“ zu
haben. Mittlerweile wurden vier Implantate
gesetzt und mit Kronen versehen. Aktuell
beginnt der Zahn 35 zu schmerzen.
In all der Zeit wurden mehrfach „Knirscherschienen“
angefertigt, wie man sieht,
ohne Erfolg.
Arbeitshypothese
Anhand des geschilderten multiplen
Schmerzerlebens besteht eine wesentliche
Arbeitshypothese darin, dass es sich in
diesem Fall um ein traumatogenes okklusales
Geschehen, eine Diskrepanz
zwischen bestehender statischer Okklusion
und physiologischer Kondylenstellung
handelt, eine häufige Ursache für
Bruxismus.
Untersuchungsgang – traumatogene Okklusion
Die Untersuchung auf traumatogene
Okklusion beinhaltete folgende Untersuchungsmodi: 1. manuell-klinische Untersuchung
2. instrumentelle Funktionsanalyse, hier: kleine Modellanalyse
3. optoelektronische Untersuchung von
Bewegungsablauf und funktionellem
Gelenkraum
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